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    Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Baustoffen
    - Folgen in laufenden Verträgen und in Vergabeverfahren -

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Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Baustoffen - Folgen in laufenden Verträgen und in Vergabeverfahren -

Zuerst die Corona Pandemie, vor allem aber der durch Russland angezettelte Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die in der Folge gegen Russland verhängten Sanktionen führen bei Baustoffen sowie Vorprodukten für Baustoffen sowohl zu Lieferengpässen als auch teilweise sehr deutlichen Preissteigerungen. Die Klagen insbesondere aus der Bauwirtschaft sind seit Wochen deutlich zu vernehmen. Betroffen sind Stahl, Aluminium, Kupfer, Bitumen, Kunststoffrohre, Folien und Dichtbahnen, Asphaltsmischgut, Epoxidharze, Zementprodukte, Holz, Gusseisenrohre. Dies wirkt sich naturgemäß auf bereits abgeschlossene Verträge über Bauleistungen, laufende Verfahren über die Vergabe von Bauleistungen sowie noch einzuleitende Vergabeverfahren aus.

Der Bund hat auf diese Entwicklung nun reagiert und durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) sowie das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) am 25.03.2022 Praxishinweise für die Bundesbauverwaltung und den Verkehrswegebau herausgegeben (Erlass-Baustoffpreissteigerungen (bund.de).

 

Bestehende Verträge

Für bereits geschlossene Verträge weist das BMWSB auf den Grundsatz hin, dass diese einzuhalten und die Leistungen von den Unternehmen wie beauftragt auszuführen sind. Es sei aber als höhere Gewalt zu qualifizieren, wenn Unternehmen Materialien nicht oder vorübergehend nicht, auch nicht gegen höhere Einkaufspreise als kalkuliert, beschaffen könnten. Dies führe zur Verlängerung von Ausführungsfristen.

Können Baumaterialien zwar beschafft werden, müssen hierfür aber höhere Einkaufspreise gezahlt werden, kann dies nach den Hinweisen des BMWSB zur Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage des Vertrags im Sinne von § 313 BGB führen. Ob einem Unternehmen das Festhalten an unveränderten Vertragspreisen zugemutet werden könne, lasse sich aber nur im Einzelfall beantworten. Eine feste Grenze bestehe nicht. Allerdings bestehe ein Anspruch auf Preisanpassung in betroffenen Leistungspositionen, wenn von einer gestörten Geschäftsgrundlage ausgegangen werden müsse. Wie durch die Vergabestellen bzw. Auftraggeber vorzugehen ist, wird in den Praxishinweisen erläutert.

In diesem Zusammenhang wird in den Praxishinweisen erläutert, dass derartige Vertragsanpassungen häufig nicht zu Auftragsänderungen führen würden, die gemäß § 132 GWB die Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens erzwingen. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass öffentliche Auftraggeber im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten den Ukraine-Krieg nicht vorhersehen konnten (was naturgemäß nur für bereits laufende Verträge gilt). Die Voraussetzungen werden in den Praxishinweisen erläutert.

Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, nachträglich Stoffpreisgleitklauseln in einen bestehenden Vertrag einzubeziehen. Dies komme nach den Praxishinweisen aber nur für solche Verträge in Betracht, bei denen noch nicht mehr als die Hälfte der Leistungen aus den genannten Produktgruppen ausgeführt worden sei. Auch komme eine Preisgleitung nur für die noch nicht erbrachten Leistungsteile in Betracht. Für bereits ausgeführte Leistungen müsse es danach bei den Vertragspreisen bleiben.

Nicht angegeben wird, was der maßgebliche Zeitpunkt für eine mögliche nachträgliche Einbeziehung einer Stoffpreisgleitklausel sein soll. Da es nach unserer Auffassung hierfür nicht auf die Entscheidung des Auftraggebers oder die Einigung zwischen den Vertragspartnern ankommen kann, muss wohl der Zeitpunkt eines entsprechenden Verlangens des Auftragnehmers maßgebend sein. Auftragnehmer in laufenden Verträgen sollten daher, sofern sie von der angesprochenen Problematik stark betroffen sind, möglichst frühzeitig das Verlangen nach nachträgliche Einbeziehung einer Stoffpreisgleitklausel äußern.

 

Laufende oder neue Vergabeverfahren

Für laufende bzw. neue Vergabeverfahren wird die Einbeziehung von Stoffpreisgleitklauseln für Betriebsstoffe gemäß Nr. 2.3 der Richtlinie zum Formblatt 225 des Vergabehandbuchs des Bundes ermöglicht. Hierzu werden ebenfalls weitere Hinweise erteilt. Das Formblatt 225 solle den Vergabeunterlagen beigefügt werden.

Soweit Vergabeverfahren bereits laufen, die Angebote aber noch nicht geöffnet worden sind, wird die nachträgliche Einbeziehung von Stoffpreisgleitklauseln angeordnet. Auch wird die Anpassung von Ausführungsfristen sowie der Angebotsfrist vorgesehen. Ist die Angebotseröffnung bereits erfolgt, ist nach dem Praxishinweisen des BMWSB das Vergabeverfahren in den Stand vor der Angebotsabgabe zurückzuversetzen, um Stoffpreisgleitklauseln einbeziehen und Ausführungsfristen verlängern zu können.

Ob andere öffentliche Auftraggeber, insbesondere die Länder, aber auch die Kommunen, in ähnlicher Weise reagieren, ist nicht bekannt. Auch für diese sollte aber gelten, dass bei neuen Vergabeverfahren Preisgleitklauseln vorzusehen sind. Die Hinweise des BMWSB zu dem möglichen Vorliegen einer Störung der Geschäftsgrundlage oder zur Zulässigkeit von Vertragsänderungen gelten aber unabhängig von entsprechenden Aktivitäten in jedem Fall auch für diese.

 

 

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